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Zur Geschichte der Pfarrei Druisheim
Wie in Mertingen, so reichen auch in Druisheim die Wurzeln christlichen Lebens sehr weit in die Geschichte zurück.
Darauf verweist vor allem das Patrozinium des heiligen Märtyrers Vitus, der gerade in der frühen christlichen Zeit häufig als Kirchenpatron gewählt wurde. Druisheim war damals noch Teil der Urpfarrei Mertingen, von der es sich jedoch bald löste und seither alle Jahrhunderte hindurch eigenständige Pfarrei blieb.
Lehenschaft über die Kirche besaß im Mittelalter ein ortsansässiges Adelsgeschlecht. Ob jedoch jener Bischof Siegfried II. von Augsburg, der die Mertinger Kirche 1096 seinem Domkapitel stiftete, aus dem Geschlecht der Herren "de Trousheim" stammte, kann wohl nicht mehr nachgewiesen werden. Urkundlich bestätigt wird jedoch Kirchenbesitz in Druisheim: So übereignete Bischof Siboto von Augsburg dem Kloster Kaisheim im Jahre 1236 die Mühle zu Truisheim und Urkunden von 1264 bzw. 1284 erwähnen das Kloster Holzen als Eigentümer von Druisheimer Äckern und Wiesen. Zu Ende des Mittelalters 1492 besaßen kirchliche Institutionen einen Großteil des Ortes: 8 Anwesen das Frauenkloster zum Stern in Augsburg, 3 Höfe St. Moritz in Augsburg, 2 Höfe gehörten dem Domkapitel und 2 Anwesen dem Kloster Kaisheim. Alle diese Anteilshaber wurden jedoch 1552 vom neuen Besitzer des übrigen Ortes ausgelöst, dem Grafen Anton Fugger.
Hundert Jahre später verkauften die Fugger Druisheim und das Schloss auf dem Turenberg um 28.000 Gulden an das Benediktinerinnenkloster Holzen. Allerdings bot das Dorf ein Bild des Jammers, denn schlimm hatte der Dreißigjährige Krieg auch in Druisheim gewütet: Nahezu alle Häuser waren niedergebrannt und verwüstet und das Schloss stand nur noch als verfallene Ruine.
Gleichsam gebündelt erscheinen die schaurigen Greuel des großen Krieges in der Person des Johann Michael Gebhard aus Druisheim, den eine spätere Chronik das "Wunder eines Unmenschen" nennt. Das "Malefizgericht" zu Donauwörth entwarf in seiner Anklage gegen ihn ein wahres Horrorgemälde. Seine zahlreichen Diebstähle, vor allem von "Kirchenstücken", nehmen sich geradezu harmlos aus gegenüber den "Mordthaten": Mit seinem Stock, in dem Blei eingegossen war, habe er 28 Menschen umgebracht, nicht weniger als 104 Personen jedoch mit Gift! "Unzuchten" habe er getrieben mit 110 Personen und "Bestialitäten ohne Zahl mit allen Gattungen des Viehs, ja selbst mit dem Teufel." Seine schändlichsten Verbrechen - und darin gipfelte die Anklage - waren die "Sakrilegien": Schändungen der "Hochheiligen Hostien", die er "5mal aus dem Munde genommen, verspien, mit den Füßen zertreten, zerschlagen und mit Messern zerstoßen." - Ob alle diese geradezu monströßen Untaten auch begangen wurden, lässt sich mit Fug und Recht bezweifeln; der Übeltäter wurde jedoch 1644 zu Donauwörth verurteilt und auf grausame Weise hingerichtet: Zuerst hackte ihm der Scharfrichter die rechte Hand ab, sodann wurden ihm die Gliedmaßen mit dem Rade gebrochen und endlich wurde er "lebendig in das Feuer geworfen und zu Aschen verbrannt."
1652 begann die Herrschaft des Klosters St. Johann zum Holz über die Gemeinde. Die Äbtissin von Holzen, Barbara Scholastika Gräfin von Törring zu Seefeld, war eine äußerst tatkräftige Frau, die während ihrer 30jährigen "Regierung" eine harte Wiederaufbauarbeit einleitete.
Den Druisheimer Untertanen bescherte die Herrschaft des Klosters dabei zwei Baudenkmäler, die weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus bekannt sind und zu den hervorragenden Zeugnissen schwäbischer Barock- und Rokokokunst gerechnet werden:
die Pfarrkirche St. Vitus und die Kapelle zur Schmerzhaften Muttergottes.
1714 wurde der Turm von St. Vitus errichtet und 1731 veranlasste die Äbtissin Maria Anna Benedikta von Remching die Grundsteinlegung für den Kirchenneubau, der bereits 1732 vollendet war. Eine denkwürdige Leistung, die nicht zuletzt dem Holzener Baumeister Kaspar Radmiller zu verdanken ist, der auch Entwürfe für die Klosterkirche Ottobeuren fertigte und die Kirchen in Thannhausen, Ichenhausen und Mindelzell baute.
Glanzstücke des barocken Gotteshauses sind die Deckenbilder von Matthäus Günther (1705 - 1788), der zu den bedeutendsten und produktivsten süddeutschen Freskomalern gehörte. Die Gemälde von St. Vitus in Druisheim zählen zu seinen Frühwerken und zeigen ihn noch deutlich unter dem Einfluss des berühmten Cosmas Damian Asam: Große Figuren und gewaltige Architektur bestimmen die Komposition der Bilder, auf denen die Lebensgeschichte des Kirchenpatrons dargestellt wird.
Im Chorraum zerschmettert der jugendliche St. Veit die Statue eines heidnischen Götzen; das Gemälde wird eingerahmt von Grisaillen (Grautonbildern) mit den Symbolen der vier Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit und Tapferkeit.
Über der Orgel wird das Martyrium des Heiligen geschildert, umgeben von vier Szenen aus seiner Lebenslegende (St. Veit wird im Kerker den wilden Tieren vorgeworfen - St. Veit treibt den Teufel aus - ein Engel löst die Fesseln des Heiligen - ein Engel begleitet ihn am Meeresufer).
Im Gemälde des Hauptraumes gestaltet Günther die Verherrlichung des hl. Vitus im Kreise der hl. Nothelfer. (Von den vier Evangelisten in den Ecken sind nur noch drei Günther'sche Originale; den hl. Markus restaurierte ein Maler nach dem Zweiten Weltkrieg).
Die Altäre sind etwas später entstanden und zeigen deutlichen Rokokoeinfluss. Der Hochaltar von 1743 ist eine Arbeit Michael Berteles aus Sontheim, das Altarbild mit den 14 Nothelfern stammt aus der Schule Johann Georg Bergmüllers; es wird eingerahmt von Säulen und Vierkantpfeilern sowei den Figuren des hl. Modestus und der hl. Creszentia - der Legende nach gilt Modestus als Erzieher, Creszentia als Amme des hl. Vitus.
Der linke Seitenaltar der St. Anna sebdritt mit der hl. Ursula (links) und der hl. Katharina als rechter Seitenfigur wurde 1759 vom damaligen Pfarrer Matthias Nerlinger gestiftet. Nerlinger, ehemals Kaplan im Kloster Holzen und von 1736 - 1761 Pfarrer in "Treüßheimb", ließ auch den rechten Seitenaltar errichten und steuerte aus seinem Besitz die Muttergottesstatue bei, die der Madonna von Loretto nachgebildet ist. Er hatte sie auf einem "im Welschland erkauften Esel" zusammen mit vielen Reliquien nach Deutschland gebracht - so sein Nachfolger Franz Xaver Mayr in seiner Pfarrchronik von 1788.
Die Kapelle zur Schmerzhaften Muttergottes,...
die vielen heutigen Betrachtern vor allem als kunsthistorisch wertvolles Denkmal gilt, bedeutete unseren gläubigen Vorfahren ungleich mehr.
Ursprünglich soll an ihrer Stelle lange vor 1700 ein Bildstöcklein zu Ehren Mariens gestanden haben - Einlösung des Versprechens, das ein Müller der Gottensmutter in Todesnot gegeben habe, als er im Eis der Schmutter umzukommen drohte.
Am 20. Oktober 1709 fuhr die "Gnädige Frau Äbtissin" Hildegard Baronesse von Haslang mit "etlichen Frauen Musikantinnen" nach Druisheim, um dort mit ihren Untertanen die Einweihung einer kleinen Kapelle zu feiern, die nur aus sechs Holzsäulen und einem Dach darüber bestand. Doch in der Folgezeit pilgerten immer größere Scharen von Wallfahreren zu dieser wahrlich einfachen Stätte des Glaubens. Und als im Jahre 1714 eine schwere Seuche in Druisheim viele Menschen hinwegraffte, gelobte die Gemeinde, das Fest der "Schmerzhaften Muttergottes" alljährlich feierlich zu begehen. Auch sollte ein größerer und weitaus schönerer Neubau der Kapelle entstehen, doch nun traten unerwartete Hindernisse auf. Besonders entscheidend fiel der Einspruch des Nordendorfer Fugger Graf Eustachius beim Bischöflichen Ordinariat ins Gewicht. Der Graf befürchtete durch das Druisheimer Vorhaben eine Beeinträchtigung "seiner" Wallfahrtskirche im benachbarten Ehingen...
Doch schließlich konnte 1749 die jetzige Kapelle errichtet werden - und für die künstlerische Gestaltung gewann man jenen Matthäus Günther, der bei seinen Bildwerken in der Druisheimer Pfarrkirche am Beginn seines künstlerischen Schaffens gestanden hatte und der nun ein berühmter Maler war. 1750 vollendete er das Deckenfresko mit der Schmerzensmutter und dem Leichnam Christi. Wie bei vielen anderen Aufträgen verbindet ihn auch in Druisheim die kongeniale Zusammenarbeit mit den Wessobrunner Stukkateuren Feichtmayr.
Die Herrschaft des Klosters scheint für die Untertanen durchaus erträglich gewesen zu sein. Zwar mussten die Druisheimer vor allem Holz aus ihren Wäldern ins Kloster fahren, doch dafür wurden sie auch ordentlich verköstigt: Jeder erhielt Suppe, Kraut, "für 6 Pfennig Mittelbrot", eine Maß "Gesindebier" und ein Stück "Gogelhopf".
Der Druisheimer Pfarrer wurde oft an die Tafel der Äbtissin geladen und mit Geschenken bedacht, die ihm ins Haus geschickt wurden, z. B. "Bretzen, Eierbrote, Fladen". Doch so harmonisch wie es die Klosterchronik vermitteln will, dürften die Beziehungen wohl nicht gewesen sein. In seinen Aufzeichnungen von 1788 schilderte der Druisheimer Pfarrer Franz X. Mayr eine andere Sicht der Dinge: Seit Beginn der Klosterherrschaft reißen die Rechtsstreitigkeiten um Einkünfte und Eigentumsverhältnisse zwischen dem Kloster und dem jeweiligen Pfarrer von "Treisheim vulgo Truisse" nicht ab. Mit überschwänglichem Lob überhäuft der Chronist etwa den Pfarrer Benedictus Hausch, der Mitte des 18. Jahrhunderts als "starkmüthiger und unermüdlicher Verfechter der Druisheimischen pfärrlichen Rechte" gegen die "Verschlagenheit der Klosterbeamten" kämpfte.
Über Dutzende von Seiten schilderte Pfarrer Mayr auch seine eigenen Auseinandersetzungen mit "diesem Hochbelobten Hochadeligen Stift und Kloster". So hätte z. B. das Kloster im Punkte "pfärrliche Competenz Holz" folgendes schriftlich festgelgt:
"Es sollen einem jeweiligen Pfarrer zur Vermehrung dessen Einkünfte
12 Klafter Fichten
- Birken und Wellenholz
ohne zu zahlen des Fuhrlohn geliefert werden."
Also insgesamt 36 Klafter - so interpretiert es der Pfarrer. Das Kloster jedoch schickt 4 Klafter Birke, 4 Klafter Fichte und 4 Klafter Eichenholz - in Summa 12 Klafter!
Neben vielen anderen Streitpunkten geht es auch ums Bier:
"An jährlichem Competenz Bier stehen zu einem Druisheimer Pfarrer
24 Eimer weißes gutes Bier,
den Eimer zu 60 Maß
und wie die Conventfrauen in
Kloster Holzen selbsten haben -
nach und nach durch das Jahr
und wenn er es verlangt
in ganz gefüllten Fässern. -"
Doch auch damit hapert es und der Pfarrer beschwert sich. Per Dekret des Ordinariats kommt es zum Vergleich, der für den Pfarrer alles andere als günstig ausfällt: Er bekommt nur 12 Eimer Conventbier jährlich, also nur noch die Hälfte!
1802 war es mit der Herrschaft des Klosters vorbei: Der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen übernahm die Rechte des Klosters. Auch die Untertanen von "Dreusheim" erschienen zum feierlichen Hochamt in der Klosterkirche, um dem neuen Herrn zu huldigen. Nicht gerade begeistert äußerte sich jedoch der sigmaringische Kommissar Huber über das "mangelnde Schulwesen" in Druisheim (und anderen Orten) sowie über den Hebammendienst, der so sehr im argen gelegen sei, dass "unglückliche Geburten nicht unter die seltenen Ereignisse gehörten". 1813 überließ der Fürst alle Rechte seiner Schwester, die mit dem Grafen Fischler von Treuberg vermählt war.
Die Pfarrakten des 19. Jahrhunderts durchzieht eine große Sorge: Geld. Vor allem die Messen-Stiftungen - und damit sichere Einnahmequellen - gingen deutlich zurück. Um so dankbarer war man, als ein anonymer "Privatier" im Jahr 1886 der Kirche 600 Mark vermachte. Ein erfreuliches Ereignis für die Pfarrgemeinde brachte auch das erste Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts: Nach zahlreichen Sammlungen und Bemühungen um Geld konnten zu Weihnachten 1911 vier neue Glocken geweiht werden und im Jahr darauf installierte man eine neue Turmuhr. Doch das neue Geläut war nicht lange zu hören. Im Kriegsjahr 1917 mussten die größte Glocke sowie zwei weitere "eingeliefert" werden - sie kamen in die Rüstungsindustrie. Nach dem Ersten Weltkrieg leistete die Gemeinde trotz allgemeiner Not Erstaunliches: 1925 wurden drei neue Glocken geweiht und 1926 erfolgten umfangreiche Renovierungsarbeiten am Kirchengebäude. Während der Nazizeit hatte die Kirche nur geringen Einfluss auf das öffentlich-politische Leben. Bei einer Bestandsaufnahme für die "Katholische Aktion" meldete der Pfarrer 1934 an das Ordinariat, dass zahlreiche Gläubige jeden Alters an den Einkehrtagen in Holzen teilgenommen hätten. Propaganda für die "Katholische Aktion" erfolgte im Ort durch katholische Zeitschriften, die von 81 Personen abonniert wurden. "Die österliche Beichte hat 1 Person nicht empfangen, bei 2 Personen besteht darüber Ungewissheit", stellt der Pfarrer abschließend in seinem Bericht fest.
Der Krieg zog die Pfarrei schwer in Mitleidenschaft: 32 Gefallene und Vermisste sahen die Heimat nicht wieder - ein hoher Blutzoll für die kleine Gemeinde. Wie bereits 1917 missbrauchte man im Zweiten Weltkrieg die Kirchenglocken zu Rüstungszwecken: Marienglocke, Annaglocke und Vitusglocke wurden im Januar 1942 vom Turm geholt. "Es herrschte an diesem Tage am Morgen eine Minimum-Temperatur von -29,5 °C", schreibt Pfarrer Hauser in einem Bericht über die Glockenabnahme. "Es mag für spätere Geschlechter von Interesse sein, dass beim Abschiedläuten am 21. Januar viele Leute geweint haben..." 1943 musste die Kirchenverwaltung alle Sakralgegenstände aus Metall auflisten; auch ihnen drohte die Ablieferung.
Zu Kriegsende 1945 erhielt die Kirche einen Granattreffer und erlitt dadurch Beschädigungen, die man aber bald beseitigte. 1953 konnten die Druisheimer das Geläut wieder vervollständigen und Ende der Fünfzigerjahre den neuen Pfarrhof seiner Bestimmung übergeben. Ein Jahrzehnt später unterzog man das Gotteshaus einer zwar zeitaufwändigen, aber doch gelungenen Renovierung. Nach dem Tod des Dekans Hauser hatte Pfarrer Kotter aus Allmannshofen die Pfarrei Druisheim mitübernommen - und zog auch in den Druisheimer Pfarrhof ein. Seit seiner Resignation im Jahre 1982 wird die Pfarrei nun von Mertingen aus seelsorgerisch betreut. Seit 1982 hatten Herr Zewinger und anschließend bis heute Herr Pater Alexander Thuruttikat (Indien) das Amt des Pfarrers für Druisheim inne.
Die Druisheimer Katholiken haben die Selbstständigkeit ihrer Pfarrei durch die Zeiten erhalten; sie pflegen die religiöse Tradition, sie feiern gerne und spenden eifrig und wollen den lebendigen Zusammenhalt der kirchlichen Gemeinschaft auch für die Zukunft bewahren.